Regel 14 Berührung vermeiden
Regel 20.1 Raum zum Wenden an einem Hindernis
Wenn ein sich einem Hindernis näherndes Boot "Raum zum Wenden" gerufen hat, sollte das Schiedsgericht im Normalfall dessen Beurteilung ob Sicherheit diesen Ruf rechtfertigt anerkennen. Erhält das rufende Boot keine Reaktion auf seinen Zuruf um Raum fest, sollte es ein zweites Mal lauter rufen. Wenn es nach dem Zuruf nur kurz wartet und dann wendet, beraubt es das andere Boot um die Wahl ihrer Handlungen und riskiert eine Berührung mit ihm. Wenn ein Boot versäumt Ausschau zu halten, kann es sein, dass es versäumt vernünftig zu handeln um Berührung zu vermeiden.
Zusammenfassung des Falles
A und B näherten sich am Wind mit Wind von Steuerbord dem Ufer, wobei
A sich eine Bootslänge voraus und eineinhalb in Lee befand. A verlangte
Raum zum Wenden aber B hörte den Zuruf nicht. Nachdem es kurze Zeit gewartet
hat, während der B nicht reagierte, wendete A auf Wind von Backbord. Obwohl
W so schnell wie möglich abfiel und Groß- und Vorschot öffnete,
traf A die Leeseite von B. A protestierte gegen B wegen Verstoßes gegen
Regel 20.1(b) und B gegen A wegen Verstoßes gegen Regel 10.
In der Verhandlung gab B zu, dass es sich der Position von A bewusst war bevor
A wendete, aber weder B's Steuermann oder Mannschaft hätten in den letzten
30 Sekunden vor der Kollision auf A geachtet. Letztendlich wies das Schiedsgericht
A´s Protest ab und disqualifizierte es aus folgenden Gründen: Es
habe um Raum zum Wenden gerufen obwohl keine unmittelbare Gefahr bestand, auf
Grund zu laufen, und ihr Zuruf war unangemessen, da B den Zuruf nicht gehört
hat oder nicht geantwortet hat. A ging in die Berufung mit der Begründung,
das Schiedsgericht habe zu Unrecht eigene Maßstäbe der sicheren Schiffsführung
über diejenigen von A gestellt. Zusätzlich brachte es das Argument
ein, dass das Luvboot von zwei am Wind segelnden Booten bei Annäherung
an ein Hindernis die Verpflichtung hat, mit einem Zuruf um Raum am Hindernis
zu rechnen und darauf vorbereitet zu sein.
Entscheidung
Das Schiedsgericht sollte die Beurteilung des Leebootes, ob die Sicherheit
eine wesentliche Kursänderung erforderlich macht, akzeptieren, sofern es
nicht nahezu unzweifelhaft ist, dass der Zuruf zu früh war. In Bezug auf
den Zuruf ist zu sagen: Wenn das angerufene Boot, wie B im vorliegenden Fall,
in keiner Weise eine Antwort gibt, sollte das rufende Boot einen zweiten wesentlich
kräftigeren Zuruf zu machen. Dies tat A nicht. Deshalb gab A wenig oder
gar keine Zeit für B zu antworten und beraubte es deshalb um die in Regel
20.1(b) vorgesehene Auswahl möglicher Handlungen und riskierte eine Berührung
mit ihm. A verstieß gegen Regel 20.1(a) und ebenso gegen Regel 14, da
es eine Berührung mit B hätte vermeiden können, wenn es Regel
20.1(a) beachtet hätte. Indem es versäumte, sich von B frei zu halten
verstieß es außerdem gegen Regel 10. B hat ebenfalls zur Berührung
beigetragen. Regel 14 verlangte von ihm, dass es eine Berührung vermeidet,
wenn dies vernünftigerweise möglich ist. Diese Forderung bedeutet,
dass ein Boot alles tun muss, was vernünftigerweise von ihm unter den vorgegebenen
Umständen erwartet werden kann um eine Berührung zu vermeiden. Dies
schließt ein, dass man Ausschau hält, insbesondere dann, wenn sich
zwei Boote gemeinsam einem Hindernis nähern. Die Unterlassung von B, A
30 Sekunden lang unbeobachtet zu lassen ist in diesem Fall ein klarer Verstoß
gegen Regel 14.
Die Berufung wird zurückgewiesen. A war zu Recht disqualifiziert worden,
nicht nur wegen Verstoßes gegen Regel 20.1(a), sondern auch gegen Regel
10 und 14. B wird ebenfalls disqualifiziert für seinen Verstoß gegen
Regel 14.
USSA 1971/147