CASE 99   

Regel 10 Mit Wind von entgegen gesetzter Seite
Regel 14 Berührung vermeiden
Regel 44.1 Strafen zum Zeitpunkt eines Vorfalls: Annahme einer Strafe

Regel 64.1(b) Entscheidungen: Strafen und Entlastung

Die Tatsache, dass ein Boot, das sich freihalten muss, außer Kontrolle ist, entlastet es nicht von einem Verstoß gegen eine Regel von Teil 2. Wenn ein Boot mit Wegerecht durch Regel 14 verpflichtet wird, "Eine Berührung zu vermeiden .. wenn dies vernünftigerweise möglich ist" und seine einzige Möglichkeit, dies zu tun in einer Chaos-Halse(engl. crash-gybe) besteht, so ist es kein Verstoß von Regel 14, wenn es diese Chaos-Halse nicht durchführt. Wenn ein Boot aufgibt, wie dies in Regel 44.1(b) gefordert ist, egal ob dies freiwillig oder notwendigerweise geschah, kann es nicht darüber hinaus bestraft werden.

Zusammenfassung des Falles
Mumm 30s segelten bei schweren Bedingungen in der Wettfahrt. Boot S segelt vor Wind mit 10- 14 Knoten. Bevor Boot P Position 1 erreichte, war es aus dem Ruder gelaufen und außer Kontrolle. P traf S mittschiffs und es gab erheblichen Schaden. Beide Boote gaben auf. S protestierte gegen P. Das Schiedsgericht stellt fest, dass S nur geringfügige Kursänderungen vornahm, als die Boote sich nahe kamen. Doch dies wurde durchkreuzt durch die ungleichmäßige Bewegung von P, das immer noch außer Kontrolle war. Als klar war, dass P sich nicht frei hielt, hätte S sich nur durch eine Chaos-Halse von P freihalten können, was mit dem Risiko von erheblichem Schaden bei S verbunden war. Das Schiedsgericht disqualifizierte beide Boote – P wegen Verstoßes gegen Regel 10 und S wegen Verstoßes gegen Regel 14, mit der Begründung , dass S die Probleme, die P hatte hätte erkennen müssen und deshalb wesentlich früher entscheidende Ausweichmanöver hätte machen müssen. Es legte seine Entscheidung dem nationalen Berufungsgericht zur Bestätigung oder Korrektur vor.

Entscheidung
Die Entscheidungen des Schiedsgerichts werden aufgehoben. Beide Boote werden als DNF gewertet. Natürlich hat P gegen Regel 10 verstoßen. Keine Regel entlastet es auch wenn es außer Kontrolle war. P hat gegen Regel 10 verstoßen und dabei ernsthaften Schaden verursacht. Regel 10 ist eine Regel von Teil 2 und Regel 44.1 erlaubt ihm, eine Strafe anzunehmen. Da P ernsthaften Schaden verursachte war bestand die angemessene Strafe im aufgeben der Wettfahrt (Siehe Regel 44.1(b)). Es gab auf (dabei spielt es keine Rolle ob es dies freiwillig oder notgedrungen getan hat) und war deshalb von einer Disqualifikation befreit (Siehe Regel 64.1(b)). Ihre Disqualifikation ist zurückzunehmen und es ist als DNF zu werten.
Kommen wir zu S. Regel 14 legt spezielle Bedingungen im Falle des Wegerecht-Bootes fest.
Erstens kann es nur bestraft werden, wenn eine Berührung mit Schaden oder Verletzung stattgefunden hat. Dies wird nicht bezweifelt.
Zweitens war sie nicht verpflichtet eine Berührung zu vermeiden, bis zu dem Zeitpunkt, wo klar war, dass P sich nicht freihält. Erst ab diesem Zeitpunkt fordert Regel 14 Ausweichmaßnahmen, wenn diese vernünftigerweise möglich sind. Das Schiedsgericht stellte fest, dass zu dem Zeitpunkt als es für S klar wurde, dass P sich nicht freihält, die einzige mögliche Ausweichmaßnahme eine Chaos-Halse war, bei der S ernsthaften Schaden bei sich riskiert hätte. Dies ist gleichbedeutend damit, dass es für S nicht vernünftig möglich war eine Berührung zu vermeiden. Deshalb verstieß S nicht gegen Regel 14. Seine Disqualifikation ist aufzuheben und es ist als DNF zu werten.
Abschließend sollte das Schiedsgericht beachten, dass es in Anbetracht der geänderten Entscheidung durch Regel 60.3(b) ermächtigt ist, eine Verhandlung einzuberufen und Boot S nach Regel 62.1(b) Wiedergutmachung zugestehen kann.

RYA 2001/7