Regel 63.2 Verahndlungen: Zeit und Ort der Verhandlung, Vorbereitungszeit für die Parteien
Teil 5 der Wettfahrtregeln hilft einem Boot, sich vor falschen Schiedsgerichtsentscheidungen zu schützen und dient nicht als Schlupfloch für den Protestgegner. Der Protestgegner hat die Pflicht, sich durch vernünftige Vorbereitung vor einer Protestverhandlung zu schützen.
Zusammenfassung des Falles
Zwei mit Wind von Backbord am Wind segelnde Boote W und L näherten
sich einer Backbord zu rundenden Luv-Bahnmarke. W erreichte fünf oder sechs
Bootslängen vor der Bahnmarke eine Innenüberlappung zu L und verlangte
Bahnmarken-Raum von L um die Bahnmarke zu runden. L verweigerte den Raum mit
der Begründung, dass man am Ende einer Kreuzstrecke keinen Bahnmarken-Raum
verlangen darf. W fuhr auf der falschen Seite der Bahnmarke vorbei, drehte einen
vollen Kreis und rundete anschließend die Bahnmarke an Backbord, setzte
die Protestflagge und informierte L von der Protestabsicht. Das Schiedsgericht
stellte als Tatsachen fest, dass W die innere Überlappung zu L hergestellt
hat. L wurde wegen Verstoßes gegen Regel 18.2(b) disqualifiziert und ging
mit folgender Begründung in die Berufung:
Entgegen Regel 63.2 erfuhr L´s Steuermann erst, dass eine Protestverhandlung
stattfand, als er dazu gerufen wurde. Es sei ihm die Bitte verwehrt worden,
die Protestschrift außerhalb des Verhandlungsraums zu lesen. Er habe sie
lesen müssen, während die Verhandlung lief. Er habe nicht ausreichend
Zeit gehabt, seine Verteidigung entsprechend vorzubereiten. Außerdem seien
nicht ausreichend Beweise erbracht worden, dass W die Innenüberlappung
rechtzeitig hergestellt hat.
Das Schiedsgericht gab zur Berufung die Stellungnahme, dass der Zeitpunkt der
Verhandlung am offiziellen Brett für Bekanntmachungen ausgehängt war,
der Protest von W lag im Wettfahrtbüro über eine Stunde vor Beginn
der Verhandlung aus und hätte eingesehen werden können. Der Steuermann
von W hat den Steuermann von L informiert, dass der Protest eingereicht sei.
Dieser machte keine Anstalten sich vorzubereiten, er musste aus dem Speiseraum
des Clubhauses geholt werden, während alle Zeugen und die andere Partei
rechtzeitig zur Protestverhandlung anwesend waren.
Entscheidung
Die Berufung wird aus den in der Stellungnahme des Schiedsgerichts genannten
Gründen zurückgewiesen. Der Steuermann von L wusste, dass gegen ihn
ein Protest lief und es war seine Pflicht, sich vernünftig vorzubereiten.
Dies hätte bedeutet, dass er im Regattabüro um Einsicht in die Protestschrift
hätte nachfragen müssen. Er hätte dann die Protestschrift lesen
können und hätte ausreichend Zeit gehabt, nach seinem Gutdünken
die Verteidigung vorzubereiten. Das Berufungsgericht des Verbandes ist der der
Überzeugung, dass die Entscheidung des Schiedsgerichts, dass die innere
Überlappung von W gegenüber L rechtzeitig hergestellt war auf Grund
der in der Verhandlung vorgebrachten Beweise und des darauf begründeten
Sachverhalts stattfand. Dieser Sachverhalt ist nach Regel 70.1 nicht Inhalt
einer Berufung.
RYA 1980/5