CASE 48  

Regel 63.2 Verahndlungen: Zeit und Ort der Verhandlung, Vorbereitungszeit für die Parteien

Teil 5 der Wettfahrtregeln hilft einem Boot, sich vor falschen Schiedsgerichtsentscheidungen zu schützen und dient nicht als Schlupfloch für den Protestgegner. Der Protestgegner hat die Pflicht, sich durch vernünftige Vorbereitung vor einer Protestverhandlung zu schützen.

Zusammenfassung des Falles
Zwei mit Wind von Backbord am Wind segelnde Boote W und L näherten sich einer Backbord zu rundenden Luv-Bahnmarke. W erreichte fünf oder sechs Bootslängen vor der Bahnmarke eine Innenüberlappung zu L und verlangte Bahnmarken-Raum von L um die Bahnmarke zu runden. L verweigerte den Raum mit der Begründung, dass man am Ende einer Kreuzstrecke keinen Bahnmarken-Raum verlangen darf. W fuhr auf der falschen Seite der Bahnmarke vorbei, drehte einen vollen Kreis und rundete anschließend die Bahnmarke an Backbord, setzte die Protestflagge und informierte L von der Protestabsicht. Das Schiedsgericht stellte als Tatsachen fest, dass W die innere Überlappung zu L hergestellt hat. L wurde wegen Verstoßes gegen Regel 18.2(b) disqualifiziert und ging mit folgender Begründung in die Berufung:
Entgegen Regel 63.2 erfuhr L´s Steuermann erst, dass eine Protestverhandlung stattfand, als er dazu gerufen wurde. Es sei ihm die Bitte verwehrt worden, die Protestschrift außerhalb des Verhandlungsraums zu lesen. Er habe sie lesen müssen, während die Verhandlung lief. Er habe nicht ausreichend Zeit gehabt, seine Verteidigung entsprechend vorzubereiten. Außerdem seien nicht ausreichend Beweise erbracht worden, dass W die Innenüberlappung rechtzeitig hergestellt hat.
Das Schiedsgericht gab zur Berufung die Stellungnahme, dass der Zeitpunkt der Verhandlung am offiziellen Brett für Bekanntmachungen ausgehängt war, der Protest von W lag im Wettfahrtbüro über eine Stunde vor Beginn der Verhandlung aus und hätte eingesehen werden können. Der Steuermann von W hat den Steuermann von L informiert, dass der Protest eingereicht sei. Dieser machte keine Anstalten sich vorzubereiten, er musste aus dem Speiseraum des Clubhauses geholt werden, während alle Zeugen und die andere Partei rechtzeitig zur Protestverhandlung anwesend waren.

Entscheidung
Die Berufung wird aus den in der Stellungnahme des Schiedsgerichts genannten Gründen zurückgewiesen. Der Steuermann von L wusste, dass gegen ihn ein Protest lief und es war seine Pflicht, sich vernünftig vorzubereiten. Dies hätte bedeutet, dass er im Regattabüro um Einsicht in die Protestschrift hätte nachfragen müssen. Er hätte dann die Protestschrift lesen können und hätte ausreichend Zeit gehabt, nach seinem Gutdünken die Verteidigung vorzubereiten. Das Berufungsgericht des Verbandes ist der der Überzeugung, dass die Entscheidung des Schiedsgerichts, dass die innere Überlappung von W gegenüber L rechtzeitig hergestellt war auf Grund der in der Verhandlung vorgebrachten Beweise und des darauf begründeten Sachverhalts stattfand. Dieser Sachverhalt ist nach Regel 70.1 nicht Inhalt einer Berufung.

RYA 1980/5