CASE 60  

Regel 16.1 Kurs ändern
Regel 18.1(c) Bahnmarken-Raum: Geltungsbereich von Regel 18
Definition Freihalten
Definition Raum

Ändert ein Wegerechtboot seinen Kurs so, dass ein ausweichpflichtiges Boot trotz unverzüglich eingeleitetem Ausweichmanöver sich nicht mit guter Seemannschaft freihalten kann, so verletzt das Wegerechtboot Regel 16.1.

Zusammenfassung des Falles
Nachdem A die Luvbahnmarke vor B steuerbord gerundet und dann auf Wind von Steuerbord gehalst hatte, beschloss es, nicht direkt zur nächsten Bahnmarke zu fahren, sondern aus taktischen Gründen einen wesentlich höheren Kurs zu segeln. Zu diesem Zweck luvte es nach der Halse hart an. Zu diesem Zeitpunkt fuhr es mit seinem Bug direkt auf den Bug von B zu, das mit Wind von Backbord aufkreuzte. Die Boote waren etwas mehr als eine Bootslänge voneinander entfernt. B fiel sofort ab, so gut es nur konnte, um eine Kollision zu vermeiden, was aber nicht ganz ausreichte. Jedoch luvte A schnell noch weiter an und beide passierten einander in ganz geringem Abstand, aber ohne Berührung. Das Schiedsgericht gab einem Protest von A wegen Verstoßes gegen Regel 10 statt und B ging mit der Begründung in die Berufung, dass A Regel 16.1 verletzt hat, da es B keinen Raum zum Freihalten gegeben hat.

Entscheidung
B´s Berufung wird stattgegeben und es wird wieder in die Wertung genommen, A wird disqualifiziert.
Taktische Wünsche befreien ein Boot nicht von seinen Verpflichtungen durch die Wettfahrtregeln. Es war A freigestellt jeden Kurs zur Lee-Bahnmarke zu wählen, aber es hatte nicht das Recht, in den Kurs von B so knapp von B zu luven, dass sich B nicht freihalten konnte. Obwohl B so hart wie möglich abgefallen ist, wäre es möglicherweise zu einer ernsthaften Kollision gekommen, wenn A nicht versucht hätte, die Berührung durch unverzügliches weiteres Luven zu vermeiden. Wie sich später herausstellte, war es nur den gemeinsamen Bemühungen beider Booten zu verdanken, dass es nicht zu einer solchen Kollision kam. Dies ändert aber nichts an der Schlussfolgerung, dass A, als es auf Wind von Steuerbord halste und Wegerechtboot wurde und weiterhin seinen Kurs änderte, B zu keiner Zeit den (für sie nötigen) Raum (zum Freihalten) zu einem sofort in guter Seemannschaft eingeleiteten Manöver gegeben hat. Deshalb hat A gegen Regel 16.1 verstoßen.
Obwohl beide Boote in der Zone der Bahnmarke waren, galt Regel 18 nicht, da B sich der Bahnmarke näherte und A von ihr weg fuhr (siehe Regel 18.1(c). Deshalb hat A keinen Anspruch auf Entlastung nach Regel 18.5(b) für den Regelverstoß gegen Regel 16.1.

USSA 1975/178