Regel 63.6, Verhandlungen; Beweisaufnahme
und Feststellung des Sachverhalts
Regel 70.1, Berufungen; Bestätigung oder
Berichtigung von Entscheidungen; Regelauslegungen
Regel F5, Berufungsverfahren
Der Versuch zwischen Tatsachen und Folgerungen in der Sachverhaltsfeststellung
eines Schiedsgerichts zu unterscheiden ist manchmal unbefriedigend, da die festgestellten
Tatsachen teils auf Fakten und teils auf Schlussfolgerungen beruhen. Ein nationaler
Verband kann die Entscheidung eines Schiedsgerichts ändern und auch alle
anderen Befunde die Schlussfolgerungen oder Rechtsauffassung betreffen aber
nicht die Befunde über Fakten. Ein nationaler Verband kann durch logische
Schlussfolgerungen zusätzliche Tatsachen feststellen. Keine niedergeschriebene
Tatsache oder ein Diagramm hat Vorrang vor einem anderen. Schiedsgerichte müssen
Widersprüche im Sachverhalt lösen, wenn dies durch den nationalen
Verband gefordert wird.
Frage 1
Welche Kriterien sind Ausschlag gebend ob eine Feststellung in einer Schiedsgerichtsentscheidung
in einer Berufung geändert werden kann? Hängen diese Kriterien davon
ab, ob die Feststellung eine Tatsache oder eine Schlussfolgerung ist oder ob
sie bereits eine Regelauslegung beinhaltet oder was sonst?
Antwort 1
Die Unterscheidung zwischen Tatsache und Schlussfolgerung bietet kein ausreichendes
Kriterium, da sich beide Ausdrücke überschneiden. Im Sinne von Regel
63.6 und anderer Regeln, die den Begriff verwenden, ist "Sachverhalt"
(engl. fact) eine Handlung oder Bedingung, für die das Schiedsgericht herausfand,
dass sie geschah bzw. existierte. Eine Schlussfolgerung (engl. conclusion) wird
durch schlüssiges Überlegen aus etwas anderem hergeleitet und kann
rein sachlich sein. Zum Beispiel wenn als Tatsache feststeht, dass bei einer
Wettfahrt drei Bootsklassen sind und jede Bootsklasse aus fünf Booten besteht,
dann ist es eine Tatsache und eine Schlussfolgerung, dass 15 Boote an der Wettfahrt
teilnehmen. Eine Schlussfolgerung kann auch teilweise nicht eine reine Sachverhaltsaussage
sein, wenn eine Beurteilung erfolgt, die nicht sachverhaltsbezogene Teile enthält.
Ein Beispiel ist die Festlegung "Boot A setzte die Protestflagge bei der
ersten zumutbaren Gelegenheit nach dem Vorfall", die aus einer Kombination
aus den Fakten des Vorfalls und einer Interpretation des Ausdrucks "Erste
zumutbare Gelegenheit" in Regel 61.1(a) besteht.
Eine "Sachverhaltsfeststellung", die eine Regelinterpretation ist,
ist eindeutig eine Sache, die vom nationalen Verband geändert werden kann
aber es gibt auch andere "Sachverhaltsfeststellungen", die Schlussfolgerungen
oder Beurteilungen einbeziehen und damit ebenfalls geändert werden können.
Zum Beispiel kann ein Schiedsgericht festgelegt haben: "Die Windstärke
von 15 Knoten war zu groß, dass die Boote in Sicherheit an der Wettfahrt
teilnehmen konnten". Diese Aussage ist eine Meinung oder Beurteilung aber
nicht eine Regelauslegung.
Das Kriterium zu entscheiden, ob eine "Sachverhaltsfindung" eines
Schiedsgerichts in der Berufung geändert werden kann, hängt also davon
ab, ob dieser Sachverhalt ausschließlich auf Tatsachen beruht. Regel 70.1
erlaubt die Berufung der vom Schiedsgericht festgestellten Entscheidung und
seiner Verfahrensweise, aber nicht die festgestellten Sachverhalte. Es verbietet
jedoch nicht der Berufung andere Ergebnisse oder Beurteilungen als das Schiedsgericht.
In ähnlicher Weise fordert Regel F5 vom nationalen Verband, die festgestellten
Sachverhalte eines Schiedsgerichts zu akzeptieren aber fordert nicht andere
Ergebnisse zu akzeptieren. Das Ergebnis von beiden ist, dass ein nationaler
Verband alle Feststellungen eines Schiedsgerichts ändern kann mit Ausnahme
der Festestellung von Sachverhalten.
Frage 2
Darf ein nationaler Verband zusätzliche Sachverhalten aus den geschriebenen
Sachverhalten und ihrem Diagramm schließen?
Antwort 2
Ja. Der nationale Verband darf aus allen Quellen logische Schlüsse ziehen
um zusätzliche Sachverhalte herzuleiten.
Frage 3
Was ist die Stellung eines Diagramms, das vom Schiedsgericht erstellt oder bestätigt
wurde, wie von Regel F2.2(b) gefordert?
Antwort 3
Beides, das Diagramm und die niedergeschriebenen Tatsachen sind der festgestellte
Sachverhalt des Schiedsgerichts. Keines von beiden hat Vorrang vor dem anderen.
Frage 4
Wenn Sachverhalte im Widerspruch zueinander stehen, wie ein Widerspruch zwischen
dem Diagramm und den niedergeschriebenen Tatsachen, muss der nationale Verband
alle akzeptieren. Wie sind solche Widersprüche zu lösen?
Antwort 4
Der nationale Verband kann logischerweise sich widersprechende Tatsachen nicht
akzeptieren. Regel F5 gibt dem nationalen Verband das Recht, vom Schiedsgericht
berichtigte oder ergänzte Tatsachen zu fordern, die den Widerspruch lösen.
USSA 2003/85