CASE 79   

Regel 29.1 Einzelrückruf

Wenn ein Boot keinen Grund hat, seinen Frühstart zu erkennen, und wenn die Wettfahrtleitung versäumt, das Rückrufsignal unverzüglich zu geben und das Boot als OCS wertet, so ist dies ein Fehler der Wettfahrtleitung, der die Wertung des Bootes ohne dessen eigenes Verschulden wesentlich verschlechtert und es hat deshalb Anspruch auf Wiedergutmachung.

Angenommene Tatsachen
Beim Start einer Einheitsklasse sind zehn Boote in der Mitte der Linie beim Startsignal knapp über der Linie waren. Die Wettfahrtleitung signalisierte Einzelrückruf, indem sie Flagge X setzte und einen Schuss abgab. Allerdings geschah dies etwa 40 Sekunden nach dem Startsignal. Keines der Boote kehrte zurück und mehrere von ihnen beantragten Wiedergutmachung, nachdem sie feststellten, dass sie als OCS gewertet wurden.

Frage 1
Was bedeutet die Formulierung "unverzüglich setzen" in Regel 29.1?

Antwort 1
Keine exakte Zeitangabe kann dafür allgemeingültig gemacht werden, es bedeutet im Sinne dieser Regel aber eine sehr kurze Zeit. Die Wettfahrtleitung muss das Rückrufsignal innerhalb weniger Sekunden nach dem Startsignal geben. Vierzig Sekunden sind auf jeden Fall nicht mehr akzeptabel.

Frage 2
Kann ein Boot Wiedergutmachung bekommen, weil das Rückrufsignal nicht unverzüglich erfolgte, auch wenn sie nicht zum Start zurückgekehrt ist?

Antwort 2
Ja

Frage 3
Warum sollte einem Boot auf Grund des Fehlers der Wettfahrtleitung, unverzüglich das Rückrufsignal zu geben, Wiedergutmachung gewährt werden, wenn die Wettfahrtregeln sagen, dass ein Boot, das sein Rückrufsignal nicht erkennt, nicht davon befreit ist, ordnungsgemäß zu starten?

Antwort 3
Die Regeln sagen dies nicht. Regel 29.1 verpflichtet die Wettfahrtleitung unverzüglich für alle Boote das Signal zu geben, dass eines oder mehrere Boote beim Startsignal auf der Bahnseite der Linie sind. Regel 28.1 und falls gültig, Regel 30.1 verpflichten jedes Boot, auf die Vorstartseite der Startlinie zurückzukehren und dann zu starten. Dies setzt aber voraus, dass beide Signale, das optische und das akustische gegeben wurden. Wenn das Rückrufsignal nicht gegeben wurde oder wie im vorliegenden Fall viel zu spät gegeben wurde, ist dies für ein Boot, das nicht bemerkt hatte, dass es etwas über der Startlinie war ein wesentlicher Nachteil, da es die Information, für die das Signal vorgesehen ist nicht nutzen kann um in Kombination mit seinen Beobachtungen bezüglich seiner Position zu den anderen Booten zum Zeitpunkt der Signalgebung zu entscheiden ob es auf die Vorstartseite umdrehen sollte oder nicht.

Frage 4
Wie kann ein Boot, das nicht ordnungsgemäß gestartet ist, Anspruch auf Wiedergutmachung nach Regel 62 mit der Begründung beantragen, dass es "ohne eigenes Verschulden" wesentlich benachteiligt wurde?

Antwort 4
Ein Boot, das keinen Grund hat zu glauben, dass es beim Startsignal über der Linie ist, hat das Recht anzunehmen, dass es richtig gestartet ist, solange nicht unverzüglich das Rückrufsignal zeigt, dass das Gegenteil der Fall sein kann. Wie Antwort 3 zeigt, kann ein Boot wesentlich benachteiligt werden, wenn die Wettfahrtleitung das Rückrufsignal zu spät gibt. Dieser Fehler ist ein eindeutiger Fehler der Wettfahrtleitung und nicht der des benachteiligten Bootes. (Case 31 diskutiert in einem ähnlichen Fall, was als Wiedergutmachung angemessen ist.)

USSA 1992/285