Regel 10 Wind von entgegen gesetzter Seite
Regel 14 Berührung vermeiden
Definition Freihalten
Stellt das Schiedsgericht fest, dass bei einem Backbord-Steuerbord-Vorfall S seinen Kurs nicht geändert hat und keine echten oder glaubhaften Befürchtungen für eine Kollision für S vorlagen, so sollte es einen Protest von S zurückweisen. Wenn das Schiedsgericht überzeugt ist, dass S den Kurs geändert hat und dass begründete Zweifel daran bestehen, dass P frei vor S passiert wäre, falls S den Kurs nicht geändert hätte, dann sollte es P disqualifizieren.
Zusammenfassung des Falles |
Entscheidung
Proteste auf Grund von Regel 10, ohne dass eine Berührung vorlag, sind
sehr häufig und die Schiedsgerichte behandeln sie sehr unterschiedlich.
Einige verpflichten das Boot mit Wind von Backbord, schlüssig nachzuweisen,
dass es vor dem Boot mit Wind von Steuerbord freigekommen wäre, selbst
wenn dessen Aussage kaum glaubhaft ist. Eine solche Beweislast legt die Regel
10 aber nicht fest. Andere Schiedsgerichte geben einem Protest auf Grund von
Regel 10 ohne Berührung nur statt, wenn das Boot mit Wind von Steuerbord
schlüssig nachweisen konnte, dass eine Berührung stattgefunden hätte,
wenn es den Kurs nicht geändert hätte. Beide Auffassungen sind falsch.
Eine später vom Schiedsgericht als richtig anerkannte Skizze, die auf der
Aussage von S beruht, zeigt S, wie es abfällt, um eine Berührung zu
vermeiden. Eine zweite vom Schiedsgericht als nicht richtig anerkannte Skizze,
die auf der Aussage von P beruht, zeigt eine äußerst knappe Begegnung,
bei der S hätte knapp passieren können, falls es nicht ausgewichen
wäre. P wollte weder bestreiten noch zugeben, dass S abfiel, stellte lediglich
fest, dass das Abfallen unnötig war, auch wenn S es getan hat.
Ein Boot mit Wind von Steuerbord braucht in einer solchen Situation nicht den
Kurs halten und durch eine Berührung nachweisen, dass Kollisionsgefahr
bestand. Tut es dies, so verstößt es sogar gegen Regel 14. Bei der
Protestverhandlung muss zunächst S glaubhaft nachweisen, dass es zu einer
Berührung gekommen wäre, wenn es seinen Kurs beibehalten hätte
oder dass zumindest Zweifel daran bestand ob P, ohne Angst vor einer Berührung
bei S zu erzeugen, frei vor S hätte passieren können. Denn genau das
ist es, was unter "Ohne Ausweichmaßnahmen ergreifen zu müssen"
in der Definition Freihalten gemeint ist.
Zu seiner Verteidigung muss P angemessene Beweise liefern, dass S entweder seinen
Kurs nicht geändert hat, oder dass P, ohne dass S hätte Ausweichmaßnahmen
ergreifen müssen, frei vor S passiert wäre. Stellt das Schiedsgericht
nach Aufnahme aller Beweise fest, dass S seinen Kurs nicht geändert hat
oder keine echten oder glaubhaften Befürchtungen einer Kollision für
S vorlagen, so sollte es einen Protest von S zurückweisen. Wenn das Schiedsgericht
überzeugt ist, dass S den Kurs geändert hat, weil begründete
Zweifel daran bestanden, dass P frei vor S passiert wäre, falls S den Kurs
nicht geändert hätte, dann sollte es P disqualifizieren.
Bei den vom Schiedsgericht vorgelegten Skizzen und ihrem Bericht erscheint es
im besten Falle zweifelhaft, dass P frei vor S passiert wäre. Der Berufung
von S wird stattgegeben, P wird disqualifiziert.
CYA 1981/85